Jugendstrafrecht

Die Verteidigung jugendlicher und heranwachsender Mandanten im Strafrecht fordert von einem Strafverteidiger mehr, als die Verteidigung erwachsener Straftäter. Zwar sind die Taten (wie beispielsweise Raub, räuberische Erpressung, Diebstahl, Körperverletzung, Verstöße gegen das BtMG / Drogendelikte, Sexualdelikte) mit ihren Tatbestandsmerkmalen die gleichen wie im "normalen" Strafrecht. Das Jugendstrafrecht bietet aber eine Fülle von prozessualen und sozialen Besonderheiten, welche ein im Jugendstrafrecht erfolgreicher Strafverteidiger kennen und beherrschen muss.

Grundgedanke eines jeden Jugendstrafverfahrens ist der Erziehungsgedanke.

Als Sanktionen kommen die Verhängung von Erziehungsmaßregeln, d.h. Weisungen und Anordnungen gemäß §§ 9 bis 12 JGG, die Verhängung von Zuchtmitteln gemäß §§ 13 bis 16 JGG, die Aussetzung der Entscheidung über die Verhängung einer Jugendstrafe zur Bewährung (§ 27 JGG) und die Verhängung einer Jugendstrafe mit und ohne Bewährung gemäß §§ 17 bis 26 JGG in Betracht.

Erziehungsmaßregeln können beispielsweise auch bei einer Einstellung oder dem Absehen von der Strafverfolgung ausgesprochen werden. Welche Weisungen möglich sind, ist in § 10 JGG festgehalten. Erziehungsmaßnahmen gelten der Besserung des Jugendlichen. Im Falle des Verstoßes gegen Weisungen kann ein Ungehorsamsarrest von bis zu vier Wochen verhängt werden.

Zuchtmittel sind Verwarnungen, Auflagen und Jugendarrest. Sie gelten der Ahndung, also Bestrafung des Jugendlichen für seine Tat. Die Verwarnung wird meist mit einer Erziehungsmaßregel kombiniert, da sie ansonsten nur eine förmliche Zurechtweisung des Täters durch den Richter ist. Als Auflagen kommen die Wiedergutmachung, eine Entschuldigung oder die Erbringung von Arbeits- oder Geldleistungen in Betracht. Auch hier kann ein Ungehorsamsarrest verhängt werden. Der Arrest, wie auch der Jugendarrest, setzt auf Abschreckung und kann als Freizeit-, Kurz- oder Dauerarrest ausgestaltet werden.

Die härteste Sanktion ist die Jugendstrafe. Sie gilt der Ahndung und Sühne des begangenen Unrechts. Sie ist als Haftstrafe ultima ratio und damit subsidiär zu den anderen Sanktionen. Als Voraussetzung für eine Jugendstrafe nennt § 17 JGG die Schwere der Schuld oder eine schädliche Neigung, also die Prognose, dass erhebliche Anlage- oder Erziehungsmängel die Gefahr begründen, dass der Täter ohne längere Gesamterziehung weitere Straftaten begehen wird. Die Dauer der Jugendhaft richtet sich nicht nach den Strafrahmen aus dem StGB, sondern beträgt zwischen sechs Monaten und zehn Jahren. Die konkrete Dauer orientiert sich dabei am erzieherischen Bedarf des Täters und dem Schuldausgleichsbedürfnis der Allgemeinheit. Zur Bewährung kann sie nur ausgesetzt werden, wenn sie weniger als zwei Jahre beträgt und eine positive Bewährungsprognose besteht.

Ist der Jugendrichter nicht davon überzeugt, dass eine schädliche Neigung besteht, so kann er die endgültige Entscheidung über die Verhängung einer Jugendstrafe zur Bewährung aussetzen.